Die Aachener Zeitung berichtete am 14. Dezember 2004

Gelesene Kabinettstückchen

Die Fußballlesung „Torwort“ begeisterte nicht nur die Freunde des runden Leders

Jens Scharping grinste verlegen in die Runde. „Im Strafraum fühle ich mich wohler“, gestand der Angreifer. Ein Buch sei auch kein Ball. Dafür waren die rund 130 Zuhörer auch nicht gekommen, um ihm das Buch abzunehmen und in ein Aluminiumgehäuse - oder zumindest auf die Tribüne - zu jagen. Sie wollten Scharping, Simon Rolfes und die anderen Vorleser einfach nur genießen. Sie wollten schmunzeln, lachen und laut losprusten.

Vorneweg: Alle kamen auf ihre Kosten. Die Fußballlesung „Torwort“ hatte bei ihrer Tivoli-Premiere - gelesen wurde im Presseraum - vor allem eines: „Kultcharakter“. AZ-Redakteur Hans-Peter Leisten, Alemannia-Buchautor Franz Creutz, die Viertel-Vor-Fünf-Schreiber Christoph Ruf und Andreas Beune, Journalist Bernd Müllender, „In der Pratsch“-Autorin Melanie Kaltenbach und die beiden Alemannia-Kicker präsentierten Fußball einmal ganz anders: in blumigen, lauschigen, dynamischen und immer wieder witzigen Worten.

Hinter „Torwort“ steckt das Organisatorenduo Sascha Theisen und Michael Daun, die sich für ihr Aachener Gastspiel die Macher des Fanzines „In der Pratsch“ mit ins Boot holten. Letztlich ist Torwort, so erzählte Theisen „wie viele gute Ideen am Bierfass entstanden“. Auf einem Geburtstag überlegten die Torwortler, einfach mal eine Fußballlesung ins Leben zu rufen. Gesagt, getan und in Köln lauschten gleich 160 Fußball(-Kultur-) Freunde.

Gelesen wurde auch in Aachen in zwei Halbzeiten a 45 Minuten, wobei die vielen erfolgreichen (Satz-)Abschlüsse reichlich Nachspielzeit mit sich führten. Ganz nebenbei wurde natürlich fröhlich über Fußball im Allgemeinen und die Alemannia im Speziellen geplaudert. Rolfes verriet, dass das „Team 2006“ eine „schöne Abwechslung war“. Und Scharping? Der hatte sich rasch an seine Position in der Sechserkette auf dem Podium des ersten Durchgangs gewöhnt und feixte, dass ein europäischer Durchmarsch bis ins Finale nach Lissabon ihm doch „viel zu stressig ist.“ Andererseits: Gäbe es einen besseren Nährboden für neue Torwort-Geschichten vom Tivoli?

Übrigens: „Zeit“-Autor Müllender las nicht nur seinen Reisebericht(!) von der Uefa-Cup-Fernreise nach Sevilla, er hatte auch ein paar „alte Schätzchen“ aus seiner Feder mitgebracht und versteigerte diese Bücher: Der Erlös kam wie auch der Eintritt der Jugendabteilung der Alemannia zu Gute und so war „Torwort“ nun wirklich in jeglicher Hinsicht eine runde Sache. (Thorsten Karbach)

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