Lästig und zäh sein, nie locker lassen
Nach 9 Spieltagen konnte niemand wissen, daß es nach der
Vizemeisterschaft 68/69, das letzte Erstligajahr für die Schwarz-Gelben
werden würde. Martinelli und Co hatten sechs Punkte auf der Habenseite
als sich der Meister FC Bayern München auf dem Tivoli präsentierte. Ich
wurde in diesen Tagen gerade 8 Jahre alt und war, dank meines Vaters,
begeisterter Fußball-Fan und vor allem Autogrammjäger. Für mich und
meine Altergenossen war also Großkampftag angesagt: Sepp Maier, „Bulle“
Roth, Gerd Müller und Franz Beckenbauer. Vom Spielmacher der Bayern
wollte ich unbedingt mein Autogramm.
Beim damaligen Stürmer Nummer eins Uwe Seeler hatte ich schon in der
vergangenen Saison mein Erfolgserlebnis. Der Preis dafür: meinen Vater
kostete es Nerven und der Bus des Hamburger SV mußte noch einmal
anhalten um mich rauszuschmeißen. Mit strahlendem Gesicht und
Vorläufern der „Becker-Faust“ präsentierte ich meine Trophäe.
Zurück zu den Bayern. Früh dasein mußte man, am besten schon bei der
Ankunft des Meisters an der Krefelderstraße. Lästig und zäh sein, nie
locker lassen, war die Parole. Da war er, „Kaiser Franz“, gleich hin,
Bild und Stift bei der Hand und schön freundlich sein. Das Fußballidol
strich mir über meine Pudelmütze und speiste mich mit einem „Nach dem
Spiel, Junge“ ab. Ein schwacher Trost, denn dies klappte meist nur nach
einem Sieg. Bei Niederlagen waren die Spieler nie so schreibwütig, und
wir Autogrammjäger gingen dann meist leer aus. Zum Leidwesen der
Alemannia waren die Voraussetzungen gut. Die Bayern triumphierten auf
dem Tivoli mit 3:1. Beim zweiten Bayern-Tor verdrückte ich gerade meine
obligatorische Bratwurst mit Senf, die früher wirklich viel, viel
besser schmeckte als heute. Zu meinem Beckenbauer-Autogramm kam ich an
diesem Samstagnachmittag nicht mehr, der Franz war schnell weg. Die
„kaiserlich gestreichelte „Pudelmütze durfte meine Mutter nie wieder
waschen. Sie liegt heute noch in meinem Schrank.
(Thomas Fuchs in "Der Tivoli-Rückblick - Alemannia Aachen 1949-1999")